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1. Band der "Tegernheimer Heimat- und Geschichtsblätter" liegt auf - Unbekanntes Protokoll entdeckt

TEGERNHEIM. Dass Tegernheim vor 1100 Jahren erstmals urkundlich erwähnt wurde ist bekannt - spätestens seit den Jubiläumsfeierlichkeiten vor zwei Jahren. Doch seit wann ist der Ort eine selbstständige politische Gemeinde im heutigen Sinn? Diese Frage beantwortet ein kleines Büchlein, das jetzt der Heimat- und Geschichtsverein herausgebracht hat: Band 1 der "Tegernheimer Heimat- und Geschichtsblätter".

Das gut 50 Seiten zählende Büchlein ist das erste Druckwerk des vor gut einem Jahr gegründeten Tegernheimer Heimat- und Geschichtsvereins. Schon in der zweiten Mitgliederversammlung des Vereins Anfang des Jahres hatte Geschichtsstudent Tobias Appl das Konzept für die historischen Jahreshefte vorgestellt. In das Redaktionsteam für den ersten Band stießen schließlich noch Hobby-Historiker Hans-Joachim Graf und Gemeinderat Meinrad Hirschmann, der beruflich als Deutsch- und Geschichtslehrer am Neutraublinger Gymnasium beschäftigt ist.

Doch die Drei sehen sich durchaus nicht als ausschließliche Autoren der Heimat- und Geschichtsblätter. "Wir sind offen für Anregungen aber auch für die Mitarbeit von anderen Autoren, die Beiträge zur Tegernheimer Geschichte liefern wollen", betont Hirschmann. Wichtig ist dem Redaktionsteam dabei, dass alle Beiträge durch Quellen belegt sind, um weitergehende Recherchen zu ermöglichen. Ein Anspruch, dem Tobias Appl und Hans Joachim Graf im ersten Band mit ausführlichen Quellenhinweisen gerecht werden.

Finanziert wird der Druck des Buches vor allem von einem Förderer, den der Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins, Rudi Engl, für das Projekt gewinnen konnte. Der größere Teil der Auflage wird kostenlos als Jahresgabe an die mittlerweile gut 150 Mitglieder des Geschichtsvereins verteilt. Die restlichen gut 100 Stück können für drei Euro im Treffpunkt, im Rathaus oder in der Gemeindebücherei gekauft werden. Der Erlös soll der Grundstock für die nächsten Bände sein.

Denn das Autoren-Trio hat sich viel vorgenommen. Die nun zum ersten Mal aufliegenden Heimat- und Geschichtsblätter sollen künftig jedes Jahr erscheinen und so zu einer sowohl thematisch als auch chronologisch stetig fortgeschriebenen Ortschronik werden. Fixpunkte sollen dabei der von Karl Appl erstellte Jahresrückblick des Heimat- und Geschichtsvereins und die von Meinrad Hirschmann geführte Jahreschronik der Gemeinde sein.

Weil das Buch immer zum Jahresende erscheinen wird, will Hirschmann hier künftig jeweils den Zeitraum von l. September des Vorjahres bis zum 31. August des Erscheinungsjahres abdecken. Nur beim jetzt vorliegenden ersten Band hat er den chronologischen Bogen weiter gespannt und ist mit der Kommunalwahl im März 2002 in die Auflistung der für Tegernheim wichtigen Ereignisse eingestiegen.

Doch bei den trockenen Daten und Fakten allein wollen es die Autoren nicht belassen. Neben dem chronologischen Teil soll jeder Band aber auch einen oder mehrere thematische Schwerpunkte haben, die die Geschichte der Gemeinde aus ganz verschiedenen Perspektiven beleuchten. Für den ersten Band hat sich das Autoren-Trio zwei runde Jahrestage herausgesucht.

So beleuchtet Tobias Appl die Erweiterung der Tegernheimer Pfarrkirche in den Jahren 1953 und 1954 unter dem damaligen Pfarrer Joseph Schmid. Und Hans Joachim Graf nimmt sich das Jahr 1803 zum Ausgangspunkt seines Beitrages. "Tegernheim im Wandel der Zeit - 1803 - 1818: Jahre des Umbruch" hat er seinem Aufsatz überschrieben und greift sich damit eines der wichtigsten Kapitel in der Geschichte von Tegernheim heraus. Denn das bayerische Gemeinde-Edikt des Jahres 1818 bildet die Grundlage für ein Protokoll, das der damalige Gemeindevorsteher von Tegernheim, Michael Schmid und ein Beamter des Patrimonialgerichts von Schönberg am 23. Juli 1818 unterzeichnen. Das bislang unbekannte Protokoll bestätigt damit erstmals die Selbstständigkeit der Gemeinde - womit nun auch diese Frage beantwortet wäre.


Die Kriegsübel abwenden (1809)

Stundenlang wälzte Hans Joachim Graf vor allem im Amberger Staatsarchiv, aber auch im Tegernheimer Pfarrarchiv Akten und Dokumente bei der Recherche für seinen Beitrag in den Heimat- und Geschichtsblättern. Herausgefunden hat er dabei, dass die Einnahme Regensburgs durch die napoleonischen Truppen am 23. April 1809 auch die Tegernheimer tief bewegt hat. So ließ Pfarrer Jakob Oberndorfer vom 24. bis 28. April drei Andachten zur Abwendung der Kriegsübel abhalten. Tatsächlich blieb der Ort damals von Truppenbewegungen verschont.


Jahresgehalt des Lehrers (1820 / 21)

Aufschlussreich ist auch die Aufstellung des Jahreseinkommens von Dorflehrer Joseph Hafensteiner, der 1820/21 72 Kinder unter seiner Obhut hatte. Während er für den Schuldienst mit 61 Gulden im Jahr entlohnt wurde, bekam er für seine Nebenverdienste unter anderem als Gemeindeschreiber, Kantor und Mesner stolze 145,51 Gulden.


Größere Kirche (1953)

Das waren noch Zeiten: Gut 80.000 Mark kostete in den Jahren 1953 und 1954 die Erweiterung der Tegernheimer Pfarrkirche, die vom damaligen Pfarrer Joseph Schmid vorangetrieben wurde. Um acht Meter wurde die Pfarrkirche damals verlängert, womit die Kapazität um 250 auf insgesamt 350 Plätze erweitert wurde. Das 58 Quadratmeter große Deckengemälde über der neuen Empore stammt übrigens von Kunstmaler Fritz Wurmdobler. Der heute in Zeitlarn lebende Künstler gab dem Bild eine besondere lokale Prägung, indem er darauf Pfarrer Schmid, Architekt Gottfried Froschhammer, weitere Personen aus Tegernheim und letztlich auch sich selbst darstellte.

(Bericht der Mittelbayerischen Zeitung vom 6. Dezember 2003, Thomas Kreissl)
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